Bachelor- und Masterstudium in der Physiotherapie - Warum?


Was die Physiotherapie betrifft, hinkt Deutschland erheblich hinterher. In anderen Ländern ist die Ausbildung zum/r Physiotherapeuten_In von vorn herein eine akademische und ist an Hochschulen angesiedelt.

Wollen wir den Anschluss an unsere internationalen Kollegen_Innen nicht gänzlich verlieren, so müssen mehr deutsche Physiotherapeuten_Innen studieren. Aber warum?

Historisch gewachsen kennen Sie bestimmt noch den Begriff der "Krankengymnsatik". Wörtlich war es eine "Gymnastik für Kranke". Keulen schwingen, Tücher in die Luft werfen, Moorpackungen usw. kommen einen in den Sinn. Viele Therapieformen haben ihren geschichtlichen Ursprung bei der Idee eines/r Therapeutens_In, welche/r sich ein "Konzept" anhand von Erfahrungen "ausdachte". Die Patienten_Innen wurden besser. Aber lag das an der Therapie oder ist dies der natürliche Krankheitsverlauf und der Gesundheitszustand der/die Patient_In wäre ohnehin besser geworden? Welche Therapie hat bei welchen Patienten_Innen Erfolt und welche nicht? Kann ich den Effekt einer Therapie vorhersagen (Prognose), wenn ich die entsprechenden Informationen (Prädiktoren) habe? Wie beeinflusen sich gewisse Körperabschnitte gegenseitig und welche Rolle spielt dabei das Gehirn, im individuellen Krankheitserleben? Welche Komponenten eines Problem kann ich wie sicher identifizieren (Sensitivität, Spezifität von Tests) und behandeln? Wie genau ist eigentlich ein Test? Ist das Ergebniss Zufall (Inter- und Intertesterreliabilität)? Und was wäre normal (normal response) für welche Gruppe von Patienten_Innen (Subgruppen nach Alter, Geschlecht etc.)? Wie sensibel misst mein Test eine Veränderung (Änderungssensitivität) und wie muss er sich denn eigentlich verändern, damit man behaupten kann, dass sich die Beschwerden des/der Patienten_In geändert haben? Was passiert im Körper in gewissen Situationen und wie kann ich physiotherapeutisch darauf einwirken?

Dies wären nur einige der vielen, vielen Fragen die wir für die Physiotherapie klären müssen. Und dafür brauchen wir qualifizierte Leute - Physiotherapeuten mit akademischem Hintergrund.

"Aber traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast." Was kann ich aus Studien entnehmen? Was sind gute Studien und was sind schlechte Studien? Woran erkenne ich die Qualität einer Studie? Welche Konsequenz hat das für meine Therapie? Wissenschaftler sind auch nur Menschen. Haben Sie etwas in ihrer Studie nicht bedacht, einen Knoten im Kopf gehabt, falsch gerechnet?



Symbiose Wissenschaft und Praxis

Die Wissenschaft allein bringt uns nicht voran. Physiotherapie ist ein praktischer Beruf, mit Menschen, mit Fingerspitzengefühl, mit den vielen kleinen zwischenmenschlichen Interaktionen die man wissenschaftlich nie erfassen kann.

Die Symbiose zwischen Wissenschaft und Physiotherapie ist der Schlüssel. Wissenschaftler_Innen mit physiotherapeutischen Wurzeln und Physiotherapeuten_Innen die die Wissenschaftler_Innen verstehen, Fragen aufzeigen und Probleme aus der Praxis.

Genau aus diesem Grund habe Ich mich für diesen Weg entschieden!


Ist jeder mit einem Master-Titel auch wissenschaftlich ausgebildet?

Nein! Mittlerweile bieten viele Fortbildungseinrichtungen einen sogenannten "Weiterbildungs-Master" an. Den Teilnehmern_Innen wird eine Crash-Kurs in Sachen wissenschaftlichem Arbeiten gegeben und am Ende ein "Master"-Titel verliehen. Dies hat mit einer fundierten wissenschaftlichen Ausbildung an einer Hochschule über fünf bis sechs Jahre nichts zu tun und kann diesen Anforderungen nicht genügen.